Urteil: Alle EU-Bürger, die in Deutschland Arbeit suchen, haben Anspruch auf Hartz IV

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat mit Urteil vom 28.11.2013 die Rechte aller sich in Deutschland aufhaltenden EU-Bürger gestärkt.

Demnach steht ihnen durchaus ein Anspruch auf Leistungen des Arbeitslosengeld II zu, insoweit sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Das Gericht erklärte damit den Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II, wonach EU-Bürger, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, gerade keinen Anspruch auf Leistungen im Sinne des SGB II haben, für europarechtswidrig (Az.: L 6 AS 130/13).

Zur Begründung gaben die Richter an, dass der Leistungsausschluss dem zwischen den EU-Mitgliedstaaten beschlossenen gesetzlich wirksamen Gleichbehandlungsgebot zuwiderlaufen würde. Zwar sei es der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der sogenannten Unionsbürgerrichtlinie grundsätzlich möglich, einschränkende Regelungen zur Vermeidung des sogenannten Sozialtourismus in die Praxis umzusetzen.
Derartige Regelungen müssten allerdings dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Daraus folge, dass Sozialleistungen abhängig vom individuellen Sachverhalt dennoch im Einzelfall ausgezahlt werden müssten. In Form des im SBG II enthaltenen Leistungsausschluss sei dies jedoch gar nicht möglich, weswegen eben jener wegen seiner ausnahmslosen Automatik dem Gleichbehandlungsgrundsatz widerspreche.

Konkret ging es um den im Jahre 2010 gestellten ALG II Antrag einer rumänische Familie, welcher vom zuständigen Jobcenter mit der Begründung des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II abgelehnt wurde. Hiergegen setzte sich die Familie juristisch zur Wehr. Nachdem in der Vorinstanz das Sozialgericht nicht zugunsten der Kläger entscheiden wollte, erkannte das LSG der Familie nunmehr das ALG II zu.

Der Ökonom und Leiter des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn, brachte im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) sein Unbehagen über das Urteil zum Ausdruck. Seiner Überzeugung nach leiste es der Einwanderung in die Sozialsysteme und in den Wohlfahrtsstaat Vorschub. „Die Zahlen werden zunehmen; wir sind am Beginn einer neuen Migrationswelle“, wird Sinn zitiert.