nach Haftentlassung

  • Hallo und Guten Tag,


    Ich habe aktuell einige Fragen zum ALGII.
    Bisher habe ich mich darum nie gekümmert, da ich seit Jahren fest beschäftigt und nicht von Arbeitslosigkeit bedroht bin. Von daher bin ich ziemlich unbeleckt bei diesem Thema.


    Die Fragen betreffen mich auch nicht direkt selbst, sondern den Sohn meiner Frau aus ihrer 1. Ehe.
    Dieser wird in den nächsten Tagen aus der Haft entlassen.
    Wir wollen ihn im Rahmen unserer Möglichkeiten unterstützen wieder ein normales Leben zu führen.


    Er ist jetzt 21 und hat im Knast so gut wie nicht arbeiten können, und somit keinen Anspruch auf ALG 1.


    Die Entlassung wird am 27. oder 28. Dezember sein.


    Er hat weder eine Wohnung, noch irgendwelche persönlichen Dinge mit Ausnahme der Sachen die er bei seiner Verhaftung an hatte. Er wird also zwischen den Feiertagen mit einer ALDI Tüte und etwas Übergangsgeld bar in der Tasche, vor das Tor der Jugendstrafanstalt geschoben und sich dann selbst überlassen. :mad:


    Er sagt er hätte vom Knast aus mehrmals telefonisch versucht im Jobcenter Berlin Lichtenberg vorzusprechen um u.a. zu klären, wann und wo er sich melden muss und wie er an eine Wohnung kommen kann, damit er nicht tagelang auf der Strasse schlafen muss.
    Er wäre aber abgewimmelt worden, da das Jobcenter nicht zuständig ist.
    Ausserdem brauche er am 27. oder 28. gar nicht erst dort hinzukommen, da "keiner da wäre". :confused:
    Der Entlassungszeitpunkt ist daher denkbar ungünstig.


    Meiner Meinung nach muss das Jobcenter am 27. und 28.12. aber auch besetzt sein?
    Damit wir nicht die wenigen Stunden mit warten an der falschen Stelle verbringen, hier meine Fragen:


    1. Welches Jobcenter ist zuständig? Kann er ggfs. auch zu einem anderen Jobcenter gehen, wenn er seinen Wohnsitz z.B. in unserer Nähe nehmen will also im Land Brandenburg?
    Oder ist das Jobcenter seiner letzten pol. Meldeadresse (Berlin-Hohenschönhausen) zwingend aufzusuchen?


    2. Wie schnell können Leistungen in der Realität für die Anmietung einer Wohnung bewilligt werden?
    Soweit ich gelesen habe kann eine Kaution und Miete bis zu max. 360 ? /warm monatlich übernommen werden.
    Kann oder muss er sich vorher Wohnungsangebote einholen, oder braucht er erst eine entsprechende Bescheinigung vom Jobcenter?


    3. Da vom Samstag 29.12. bis Neujahr wohl alle Behörden, Banken und Wohnungsbaugesellschaften zu sind, gibt es eine Art Notdienst oder eine Stelle wo er erst mal unterkommen kann?


    4. Er hat kein Bankkonto (dafür einges an Schulden und neg. Schufa-Einträge) und keine Meldeadresse.
    Kann man trotzdem irgendwo ein Konto eröffnen? Wenn ja wo?


    Danke für Eure Hinweise
    Andreas

  • 1. Welches Jobcenter ist zuständig? Zuständig ist die Arge, die für seinen "gewöhnlichen Aufenthalt" zuständig ist. In der Praxis reicht eine Postanschrift.


    3. Da vom Samstag 29.12. bis Neujahr wohl alle Behörden, Banken und Wohnungsbaugesellschaften zu sind, gibt es eine Art Notdienst oder eine Stelle wo er erst mal unterkommen kann?
    Wie wäre es, wenn er erst mal bei euch unterkommt? Oder soll er ins Obachlosenheim?


    4. Er hat kein Bankkonto (dafür einges an Schulden und neg. Schufa-Einträge) und keine Meldeadresse.
    Kann man trotzdem irgendwo ein Konto eröffnen? Wenn ja wo?


    Fragt mal bei der Sparkasse nach einem Konto auf Guthabenbasis (Konto kann nicht überzogen werden).

  • erstmal Danke,


    Zuständig ist die Arge, die für seinen "gewöhnlichen Aufenthalt" zuständig ist. In der Praxis reicht eine Postanschrift.


    Er möchte wieder in Berlin wohnen, hat aber keine nutzbare Post-Anschrift.
    Wenn er unsere Anschrift angibt, ist das Land Berlin sofort nicht mehr zuständig.
    Adresse der Haftanstalt angeben? Friedrich-Olbricht-Damm 40, Charlottenburg.
    Damit wäre dann das Jobcenter Charlottenburg zuständig ...
    Erreichbar ist er dort aber nicht mehr, Post an ihn würde automatisch an den Absender zurückgehen ...
    Aber ich kann's ja mal in Charlottenburg probieren.


    Wie wäre es, wenn er erst mal bei euch unterkommt? Oder soll er ins Obachlosenheim?


    Nach dem was vor seiner Haft alles passiert ist, ist das nicht zumutbar.
    Aber, er kann ein paar Nächte bei uns schlafen - wenn er das denn überhaupt will.
    Auf Dauer kommt das jedoch nicht in Frage.
    Ins Odachlosenheim würde er freiwillig nie gehen.
    Wahrscheinlich würde er dann sofort wieder dort untertauchen, wo er vor dem Knast war.
    Und das wäre die schlechteste Lösung.

    Fragt mal bei der Sparkasse nach einem Konto auf Guthabenbasis (Konto kann nicht überzogen werden).


    Werden wir machen.
    Ich befürchte allerdings:


    Kein Konto ohne Meldeadresse ...
    Keine Wohnung ohne Konto ...
    Kein ALG II ohne Adresse ...
    Keine Wohnung ohne ALG II ...
    Keine Meldeadresse ohne Wohnung ...
    rosige Aussichten.


    Mit mehreren Wohnungsbaugenossenschaften hab ich schon telefoniert.
    Teilweise werden ALG II Empfänger generell abgelehnt.
    Einige haben mir gesagt, daß vor Vertragsabschluss neben Einkommensnachweis (ALG II - Schein) und Kontoverbindung eine Creditreformauskunft und ein polizeiliches Fürhrungszeugnis eingeholt wird.
    Da beides negativ ausfallen wird, sieht es mit einer Wohnung ohnehin sehr schlecht aus.


    Andreas

  • Wende dich mal an die Ansprechpartner in diesem Knast - Sozialarbeiter, Pfarrer, Bewährungshelfer.


    Sozialarbeiter und Vollzugsbeamte reden nicht mit uns über seine Belange, da er volljährig ist.
    Bewährungshelfer gibt es nicht, da er die Strafe voll verbüsst hat.
    Pfarrer haben wir zwar nicht versucht, aber ob der bei der ARGE wirklich helfen kann??


    Danke
    Andreas

  • Ein Pfarrer weiß oft auch Anlaufstellen.
    An deiner Stelle würde ich zu einer HartzIV-Beratungsstelle gehen und den Fall schildern (Adressen weiß z.B. die Linkspartei oder Frauenhäuser oder auch Kirchen).
    Und ich würde dafür sorgen, dass der Betroffene selbst sich um seine Belange kümmert - er mit den Ansprechpartnern im Knast redet. Du sagst ja, er ist volljährig. Natürlich ist es gut, dass du ihm hilfst - aber wenn er selbst GAR NICHTS macht oder zu fertig ist, etwas zu machen, braucht er vielleicht auch pschologische Unterstützung. Wenn er nichts selbst tut oder tun kann, bleibt sonst alles an dir hängen. Und wenn du sagst, ihr lasst ihn höchstens einige Tage bei euch wohnen, dann sieht es ganz schlecht aus. Denn so schnell wird er ohne Geld und allein stehend keine Wohnung finden. Und wenn du sagst, im Obdachlosenheim will er nicht schlafen,sondern geht wieder in seine schlechte Umgebung zurück, dann braucht er vielleicht wirklich tatkräftige UND außerdem psychologische Unterstützung.

  • (...) dann braucht er vielleicht wirklich tatkräftige UND außerdem psychologische Unterstützung.


    Das hast Du wirklich hervorragend erkannt!
    Stimmt ganz genau. Leider hat sich in der Richtung während der Haft absolut nichts getan. Anfangs hiess es noch im Jugendstrafvollzug werden die Gefangenen medizinisch und psychologisch betreut...
    Nicht so in der JSA Plötzensee. Hier beschränkt man sich auf's wegschliessen. :(


    Aber zum eigentlichen Thema habe ich folgendes gefunden:
    Aus einem Rundschreiben der Senatsverwaltung an die Jobcenter vom 22.09.2005


    Leider hat man ihm diese Möglichkeit in der Haftanstalt nicht gegegben (bis auf den Anruf).
    Auf Nachfrage was die o.g. "Vereinbarung zur Regelung über die örtliche Zuständigkeit für wohnungslose ..." genau beinhaltet, konnte man mir im Jobcenter Charlottenburg nunmehr mitteilen, dass es eine Liste gibt, worin wohnungslose nach ihrem Geburtsdatum einem bestimmten Jobcenter zugeordnet werden.
    In unserem Fall ist danach Tempelhof zuständig ...


    Eine Möglichkeit zur vorläufigen Unterbringung ab dem 2. Januar habe ich inzwischen bei der Freien Hilfe Berlin e.V. auch gefunden.


    Andreas

  • Vielleicht können die Leute von der Freien Hilfe Berlin euch auch sonst ein wenig weiterhelfen? Dass sie vielleicht Sozialarbeiter und/oder wirklich therapeutisch fähige Leute kennen und empfehlen können. - Das ist blöd, dass sie in diesem Knast nichts tun. Da wird geredet von Reintegration und/oder Therapie, aber wie sieht es in der Realität aus? Natürlich, jeder ist für sein eigenes Leben verantwortlich - aber nicht allein. Die Gesellschaft ist mitverantwortlich. Ich meine damit keineswegs nur die Eltern und Bekannten, sondern die durch die politischen Vorgaben geformte Gesellschaft ganz allgemein.