Anrechnung von gerichtlich erstrittenem Gehalt aus der Zeit vor HartzIV-Bezug

  • Hallo,


    meine Ehefrau und ich beziehen seit Mai 2007 ALG-II als sogenannte Aufstocker. Zunächst wurden die ALG-I-Leistungen meiner Ehefrau angerechnet, jetzt meine Halbtagstätigkeit, die ich seit November 2007 habe.


    Nun habe ich in 2. Instanz vor dem Landesarbeitsgericht gegen meinen ehemaligen Arbeitgeber die Bezahlung von Überstunden in Höhe von brutto € 4.000,00 aus dem Jahre 2006 (also vor Arbeitslosengeldbezug) erstritten. Diese Nachzahlung soll in 8 monatlichen Raten ab dem laufenden Monat an mich ausgezahlt werden.


    Mir stellt sich nun die Frage, ob es sich hier um Vermögen handelt, da die Summe ja bereits vor Arbeitslosengeldbezug fällig war oder um Einkommen und ob dieses angerechnet wird.


    Hat jemand vielleicht Erfahrungen in einem ähnlichen Fall?


    Gruß, siuha

  • Hallo Sihu!


    Sicherlich hast Du einen oder mehrere gute Bekannte die Dir zum damaligen Zeitpunkt finanziell unter die Arme gegriffen haben und denen Du dieses Geld nun zurückgeben willst.


    So kannst Du bei eventuellen Ansprüchen der ARGE, z.B. wegen Zuflussprinzip-falls dies zum tragen käme- vielleicht ein wenig retten!


    Soviel meinerseits zu der Situation.


    Jeder vernünftige Mensch würde zwar denken das Dir das Geld zusteht abe rman weis nie und dann wäre mit dem Erhalt des Geldes plötzlich auch kein ALG II mehr nötig.


    Oder hast Du ein Auto käuflich von einem Verwandten bekommen damit Du mobil bist und die Bezahlung ist auf den Erhalt des Klagebetrages ausgelegt gewesen?


    Mensch lasst euch doch mal was einfallen!!!


    Gruß




    Ps.: Ich habe zwar auch eine Sache am Laufen, nur ist dies in der Zeit von ALG II Bezug eigentlich eine klare Angelegenheit wenn die "Alte" die Kohle mal endlich rüber wachsen lassen würde, aber trotz Gerichtsurteil kann ich nun über niederländische Gerichtsvollzieher noch mal 500€ dafür abdrücken das man mir 1200€ zahlt!

  • Vielen Dank für den Denkanstoß. Ich mach mir im Moment eine Menge Gedanken zu der Sache und hab auch schon in diese Richtungen gedacht. Aber bei dem, was man im Moment so alles von den Gepflogenheiten der ARGE bezüglich Betrugsanzeigen hört, bon ich vorsichtig und stelle lieber eine Frage - wie z. B. hier - mehr, um sicher zu gehen und Erfahrungen zu sammeln.


    Nochmals vielen Dank für den Tipp, das hat mir schon geholfen.

  • Aus Sicht der Arge liegen Einnahmen vor. Aus meiner Sicht ist es Vermögen und zwar handelt es sich um eine "Vermögensumschichtung". Vor Beginn des Leistungsbezugs hattest du gegenüber dem Arbeitgeber eine Forderung, die damals aber noch nicht gerichtlich festgestellt war und daher noch nicht gezahlt wurde. Bei rechtmäßigem Verhalten des Arbeitgebers wäre dir das Geld vor dem ALG II -Bezug gezahlt worden und du hättest es verbraucht oder es wäre Vermögen gewesen. Auf Grund des LAG-Urteils erfolgt nun eine Umschichtung von der Forderung in mehrere Zahlungen.

  • Der 1. Senat des BSG hat entschieden, dass Vermögensumschichtungen wie z.B. Beitragsrückerstattungen nicht unter den Begriff "Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt" zählen:


    "17

    b) Ausgehend von diesen Grundsätzen zählt zu den Einnahmen des Klägers im Jahr 2004 von vornherein nicht die Beitragserstattung, die er am 13.11.2003 empfangen hat. Aber auch die Beitragserstattung im Jahr 2004 ist keine Bruttoeinnahme zum Lebensunterhalt, denn dazu gehört nicht das Vermögen oder seine Umschichtung. Diesen Grundsatz hat das BSG zunächst für den Kapitalanteil einer Leibrente unter Rückgriff auf Wertungen des Arbeitsförderungsgesetzes ( vgl BSG SozR 4100 § 138 Nr 3 ) entwickelt ( BSG SozR 2200 § 180 Nr 12 S 38 ). Es hat ihn später erstreckt auf Kapitalumschichtungen sowie auf betriebsfremde Privatentnahmen aus einem Unternehmen, einem Fall der Entnahme aus der Vermögenssubstanz ( BSG SozR 2200 § 180 Nr 19 S 61; vgl auch BSG, Urteil vom 16.4.1985, 12 RK 47/83, USK 85233 ). Danach können bloße Umschichtungen des eigenen Vermögens nicht als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt gewertet werden. In diese Kategorie fällt auch die Rückerstattung überzahlter, aus dem Vermögen geleisteter Beiträge. Mit der Rückerstattung wird nur eine nicht gerechtfertigte früher erfolgte Vermögensverschiebung wieder ausgeglichen. Raum für die Qualifizierung des Rückflusses von zu Unrecht aus dem Vermögen geleisteten Zahlungen als "Einnahme" verbleibt danach nicht."
    http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&sid=2a4f8269a7e392aa68e071fdeeb9aa43&nr=10137&pos=0&anz=4

  • Hallo Nataly
    Bei dem Gerichtsurteil ging es (so wie ich es verstanden habe) um Arbeitsentgeld das während des ALG2 bezuges nicht gezahlt wurde und somit im nachhinein angerechnet wird.


    Zitat

    Zuflussprinzip (Nachzahlung von Arbeitsentgelt aus einem früheren Arbeitsverhältnis):


    Bestätigung des Zuflussprinzips. Handelt es sich aber um eine Nachzahlung für mehrere Monate, sind Freibeträge auch entsprechend mehrfach abzusetzen. Lt. Sachverhalt wurde bereits im Zeitraum nicht gezahlten Arbeitsentgelts Alg II gewährt.


    Bei der Frage von siuha ging es aber um Arbeitsentgeld das [I]vor [/I]dem Alg2 bezug nicht gezahlt wurde und jetzt während dem Alg2 Bezug nachgezahlt werden soll. Somit denke ich eigentlich auch das es sich um die Umschichtung von Vermögen handelt

  • Tinsche:
    Aus dem Sachverhalt des Urteils ergibt sich, dass das Arbeitsverhältnis vom 01.09.2005 bis 31.12.2005 bestand. ALG II wurde für den Zeitraum 01.01.2006 bis 30.06.2006 gewährt. Die Nachzahlung von Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsverhältnis erfolgte während der Zeit des Bezuges von ALG II, am 28.02.2006 erhielt der Kläger einen Scheck über 1911,64 EUR, den er im März 2006 einlöste, so dass das Geld im März 2006 zufloss.
    Dieser Sachverhalt stimmt mit dem von siuha geschilderten überein.

  • Hallo nataly,


    der Unterschied zu meinem Sachverhalt ist aber, dass im Falle des Urteilsachverhaltes eine gewisse zeitliche Nähe vorhanden ist und der Geldfluss auch regulär erst während des ALG-II-Bezuges stattfinden konnte.


    In meinem Falle ist es so, dass der Geldfluss bereits spätestens im Januar 2007, also lange vor der ALG-II-Bezug, hätte stattfinden müssen. Zwischenzeitlich hatte ich sogar von 02/07 bis 04/07 noch ein anderes Arbeitsverhältnis.


    Gruß, siuha

  • siuha: Diese Unterschiede spielen für die Argen keine Rolle. Für sie ist nur entscheidend, wann der Zufluss erfolgt. Erfolgt der Zufluss während der Zeit des ALG II-Bezuges, dann gehen sie immer von Einnahmen aus.
    Ob sie damit recht haben, ist höchstrichterlich (vom BSG) noch nicht geklärt.


    Beim 14. und beim 11b. Senat des BSG sind mehrere Verfahren anhängig, in denen dies zu klären ist:


    http://www.bsg.bund.de/cln_049/nn_138176/SharedDocs/Publikationen/Rechtsfragen/Senat__14,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Senat_14.pdf


    http://www.bsg.bund.de/cln_049/nn_138176/SharedDocs/Publikationen/Rechtsfragen/Senat__11b,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Senat_11b.pdf

  • Auch die Klage gegen meinen Ex-Arbeitgeber würde bereits vor dem ALG-II-Bezug eingereicht, nur leider bis in die 2. Instanz verschleppt.
    Eigentlich war das Geld dafür vorgesehen, ein Auto, dass ich im August 2006 gekauft habe, zu bezahlen.

  • Übrigens: Nach dem Sachverhalt des Urteils wären die Gehälter für September bis November 2005 "regulär" im Zeitraum Oktober bis Dezember 2005 zugeflossen, wenn man von nachträglicher Gehaltszahlung ausgeht. Nur das Gehalt für Dezember 2005 wäre regulär im Januar 2006 zugeflossen.

  • Hallo siuha!


    Ich denke mal nein, aber das ist nur eine Vermutung!


    Definitiv keine aufschiebende Wirkung haben Bescheide der ARGE gegen Sanktionen, das ist auch so eine "Sauerei" die man sich im Zusammenhang mit der Reform ausgedacht hat!


    Wobei es sich in der einen Sache um Entscheidungen hinsichtlich zu zahlender Leistungen handelt und im anderen Fall um Rückforderungen von zuviel gezahlten Leistungen, was dann durchaus anders geregelt sein kann, habe ich bisher aber noch nicht eroiert!


    Gruß

  • Hallo Sihu!


    Mach's doch mal so, die ARGE darf das Geld gerne vereinnahmen, sollte sich aber dann auch dazu hinreissen lassen die für diese Zeiträume auch nachträglich ALG II zu bewilligen, vielleicht wird denen dann klar das ein hypothetischer Anspruch auch gerechtfertig sein muss.


    Gruß


    Es ist unglaublich was sich unsere Bürokraten so einfallen lassen!


    Man sollte nicht nur lesen können, sondern auch die Zusammenhänge verstehen - ich denke, da ist es manchmal sogar von Nachteil wenn mann für die Laufbahn bei der ARGE ein Abitur besitzt.