Alle Hartz IV-Bescheide für 2013 sind ausnahmslos rechtswidrig?

  • Seit Kurzem erhalten Leistungsberechtigte Bewilligungs- und Änderungsbescheide in denen die Regelsatzerhöhung 2013 ausgewiesen ist. Alle Bescheide sind bereits aus dem Grund mangelhaft, weil sie fälschlich suggerieren, dass die Neuberechnung der Regelsätze bereits rechtverbindlich sei. Dies entspricht jedoch nicht der Wahrheit.


    In den Bescheiden heißt es:


    „Zum 01.01.2013 werden Ihre Regelbedarfe zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld) neu festgesetzt.
    Die Festsetzung berücksichtigt die Entwicklung der Preise sowie die Nettolohnentwicklung (§ 20 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II).


    Diese offizielle Aussage täuscht eine seriöse und korrekte Bedarfsermittlung vor.


    Die Behauptung dürfte widerlegt sein:
    http://www.lokalkompass.de/iserlohn/politik/alle-hartz-iv-bescheide-fuer-2013-sind-ausnahmslos-rechtswidrig-d240721.html

  • Da die neuen Regelbedarfe wurden im Bundesgesetzblatt vom 24.10.2012 (Jahrgang 2012 Teil I Nr.49, Seite 2175) bekanntgegeben. Sie können daher nicht rechtswidrig sein, da sie der Gesetzeslage entsprechen. Ob sie verfassungsgemäß sind, wird sicherlich das BVerfG irgendwann entscheiden.

  • Eine Lüge bleibt eine Lüge, selbst wenn sie lange und von vielen geglaubt wird.
    Wie soll da etwas rechtskonform sein, wenn es verfassungswidrig ist, nur weil der Rechtsweg so lang ist.


    Thomas Kallay hat als Kläger vor dem Bundesverfassungsgericht einer ganzen Rotte von Politfuzzys in den A... getreten.
    Komisch er war immer im Recht, und ein Heer von Juristen im Bundestag wurde als Deppen abgewatscht.


    Aber Du hast Recht, das stand ja alles im Bundesgesetzblatt.
    Ach, ja, da stand auch alles andere, was vom Bundesverfassungsgericht abgestraft wurde.


    Und ja, Hunderte von Sozialrichtern haben nicht gemerkt, dass die Regelsätze verfassungswidrig sind und das Grundgesetz mit Füßen getreten wurde.
    Wie denn auch, man konnte sich ja auf das "Dorfrecht SGB II" berufen. Immer tagesfrisch, in vielen Varianten und Verschlechterungen.
    Aber das SGB II bleibt temporäres Recht, in etlichen Fassetten verfassungswidrig und darum flüchtig.


    Es ist eine Menge Charakter erforderlich, wenn man dem Unrecht offen entgegentritt, aber es braucht nur Kuschen und Kadavergehorsam, um sich für die "neuen Rassengesetze" zu verdingen oder wie bei Schillers Wilhelm Tell "den Hut auf der Stange brav zu grüßen".
    Selber denken, war immer schon anspruchsvoller und hat seinen eigenen Preis.

  • Ähm, du hast da was übersehen. Das Bundesverfassungsgericht hat nie gesagt, dass die Regelsätze zu niedrig sind. Es hat nur gesagt, dass der Weg, wie sie ermittelt wurden, der falsche sei.


    Na ja, ist ja nicht so einfach, das zu verstehen. Besonders, wenn man nur glauben möchte, was einem selbst gefällt. Wenn auch Hr. Kallay das nicht verstanden haben sollte, kann er ja seinen jetzigen, äußerst "fähigen" Anwalt befragen. Der hat ja sonst nicht (mehr) viel zu tun.

  • Ähm, du hast da was übersehen. Das Bundesverfassungsgericht hat nie gesagt, dass die Regelsätze zu niedrig sind. Es hat nur gesagt, dass der Weg, wie sie ermittelt wurden, der falsche sei.


    Na, so ganz stimmt das nicht. Zunächst geht es auch nicht so sehr um den Begriff „Regelsatz“ als Wortschöpfung, sondern um Bedarfsermittlung und Bedarfsdeckung, um das Existenzminimum im Deutschland der Gegenwart.


    Dann ist mehr als deutlich die Rüge herauszuhören, dass eben nicht nur „falsch ermittelt wurde“, sondern die Zahlen „frei Schnauze gefaked“ wurden.


    Als das Bundesverfassungsgericht die Regelsatzklagen für Erwachsene und Kinder zur Entscheidung angenommen hat, überschlug sich die Regierung fast mit Nachbessern beim Schulgeld für Kinder: die Regierungsparteien waren sich der Bedarfsunterdeckung sehr wohl bewusst.


    Außerdem tadelte das BverfG die Bedarfsunterdeckung der atypischen Bedarfe. Auch das heißt: zu wenig Geld für viele, Unterversorgung über Jahre.


    Auch wenn die Richter es in Ihrer Wortwahl anders ausformulierten, heißt die Botschaft doch: realitätsfern ermittelt, wie „mit heißer Nadel gestrickt“, oder auch schlampig gearbeitet.


    Im Rubrum heißt es darum:
    „Zur Ermittlung des Anspruchumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen.“

    Offensichtlich kamen die Richter zu der Überzeugung, dass die Regierung hier versagt hatte.


    Hören wir doch zur Klarstellung in die Urteilsverkündung von Hans-Jürgen Papier hinein:
    3:40
    „Die Regelleistungen sowohl des Arbeitslosengeldes II für Erwachsene als auch des Sozialgeldes für Kinder bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensjahres
    genügen dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht.
    Die einschlägigen Regellungen des so genannten Hartz IV-Gesetzes sind somit verfassungswidrig.


    8:50
    „Im Bezug auf die Regelleistungen für Kinder bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensjahres liegt zudem ein völliger Ermittlungsausfall beim kindesspezifischen Bedarf vor.“


    9:50
    Das SGB II verstößt in einer weiteren Hinsicht gegen das Grundgesetz. Es sieht keine Leistung für solche dauerhaften atypischen Bedarfe vor, die den Festbetrag der Regelleistung übersteigen und deren Deckung zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums erforderlich ist. Der Gesetzgeber ist von Verfassungswegen verpflicht eine gesetzliche Härtefall Regelung in Gestalt eines Anspruchs auf Deckung dieses besonderen Bedarfs vorzusehen.


    Urteilsverkündung am 09.02.2010
    [URL='Na, so ganz stimmt das nicht. Zunächst geht es auch nicht so sehr um den Begriff „Regelsatz“ als Wortschöpfung, sondern um Bedarfsermittlung und Bedarfsdeckung, um das Existenzminimum im Deutschland der Gegenwart. Dann ist mehr als deutlich die Rüge herauszuhören, dass eben nicht nur „falsch ermittelt wurde“, sondern die Zahlen „frei Schnauze gefaked“ wurden. Als das Bundesverfassungsgericht die Regelsatzklagen für Erwachsene und Kinder zur Entscheidung angenommen hat, überschlug sich die Regierung fast mit Nachbessern beim Schulgeld für Kinder: die Regierungsparteien waren sich der Bedarfsunterdeckung sehr wohl bewusst. Außerdem tadelte das BverfG die Bedarfsunterdeckung der atypischen Bedarfe. Auch das heißt: zu wenig Geld für viele, Unterversorgung über Jahre. Auch wenn die Richter es in Ihrer Wortwahl anders ausformulierten, heißt die Botschaft doch: realitätsfern ermittelt, wie „mit heißer Nadel gestrickt“, oder auch schlampig gearbeitet. Im Rubrum heißt es darum: „Zur Ermittlung des Anspruchumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen.“ Offensichtlich kamen die Richter zu der Überzeugung, dass die Regierung hier versagt hatte. Hören wir doch zur Klarstellung in die Urteilsverkündung von Hans-Jürgen Papier hinein: 3:40 „Die Regelleistungen sowohl des Arbeitslosengeldes II für Erwachsene als auch des Sozialgeldes für Kinder bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensjahres genügen dem Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht. Die einschlägigen Regellungen des so genannten Hartz IV-Gesetzes sind somit verfassungswidrig. 8:50 „Im Bezug auf die Regelleistungen für Kinder bis zur Vollendung des vierzehnten Lebensjahres liegt zudem ein völliger Ermittlungsausfall beim kindesspezifischen Bedarf vor.“ 9:50 Das SGB II verstößt in einer weiteren Hinsicht gegen das Grundgesetz. Es sieht keine Leistung für solche dauerhaften atypischen Bedarfe vor, die den Festbetrag der Regelleistung übersteigen und deren Deckung zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums erforderlich ist. Der Gesetzgeber ist von Verfassungswegen verpflicht eine gesetzliche Härtefall Regelung in Gestalt eines Anspruchs auf Deckung dieses besonderen Bedarfs vorzusehen.


    Urteilsverkündung am 09.02.2010
    [video]http://www.youtube.com/watch?v=d6wcxjpHcnA [/media]


    Volltext: Urteil des Ersten Senats vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 - - 1 BvL 3/09 - - 1 BvL 4/09 - http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html"]

    [/URL]



    Volltext:
    Urteil des Ersten Senats vom 9. Februar 2010
    - 1 BvL 1/09 -
    - 1 BvL 3/09 -
    - 1 BvL 4/09 -
    http://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20100209_1bvl000109.html



    Übrigens: auch auf die anderen Argumente fehlt noch der gewohnt bissige Kommentar.
    Hatte Turtle1972 nicht vor der Entscheidung des Verfassungsgerichts mehrfach betont, dass keine Verfassungswidrigkeit bei den Regelsätzen vorläge, oder habe ich das falsch in Erinnerung?

  • @ Telekom-Richter
    Kannst du dich vielleicht auch mal über irgend etwas freuen ? Von 2005 bis 2010 wurden bei H4 Rentenbeiträge eingezahlt und es gab bei vorherigem hohen ALG1
    einen Zuschlag bis zu 160 € und 300 € Elterngeld obendrauf! 6 Jahre lang wurde so ÜBER aktuelles Existenzminimum gezahlt !
    Übrigens freue ich mich natürlich auch über Bonuspackungen im Supermarkt ( z.B. 20 % mehr Inhalt gratis ). Andere ärgern sich nur über Mengenreduzierungen.
    Warum ärgert dich die Regelleistung für Kinder ? Selbst Schuld, wenn Nachwuchs unbedingt mit einem IR - Kunden gemacht wird !

  • Nun Hr. Richter...


    Ich glaube kaum, dass ich damals über den Augang des Verfahrens orakelt habe. Angesichts der bereits vorliegenden diversen Abweisungsbeschlüsse des BVerfG gegen das BSG Urteil vom 12.7.12 (und zwar aus dem Grunde, dass keine Aussicht auf Erfolg besteht) orakel ich jedoch jetzt mal, dass dein obiger Titel "alles rechtswidrig" von den Leuten, die das bestimmen werden (den Richtern des BVerfG) als Lüge entlarvt wird.


    Selbst das LSG Berlin-Brandenburg lacht sich ja in diversen PKH Beschlüssen bzgl. der Vorlage des SG Berlin an das BVerfG zwischen den Zeilen halbtot...


    Ich gestehe dir aber zu, dass du als juristischer Laie das eh nicht blickst.