Anspruch auf Hartz IV als Selbständiger

  • Hallo,


    ich habe mich hier angemeldet weil ich gerade ein dickes Problem habe...


    Seit einigen Jahren bin ich selbständig und meine Frau ist bei mir angestellt. Seit Februar ist nun Flaute bei mir und ich muss von dem Leben, was ich mir zurückgelegt habe, aber auch das ist irgendwann zu Ende. Ich versuche einiges, damit ich wieder an Aufträge komme, aber die Akquise von Neukunden geht leider nicht so schnell, wie ich das gehofft hatte und ein paar Fehler habe ich mir auch selber zuzuschreiben.


    Wie sieht es eigentlich bei Selbständigen mit Hartz IV aus, wenn der Partner bei der gleichen Firma angestellt war?


    Wenn ich meine Frau entlasse, wird sie ja ALG I bekommen, da sie ca. 1000,- brutto verdient hatte.


    Aber mit welchen Leistungen kann ich rechnen?
    Wie kann / muss ich der Arge nachweisen, dass seit März tatsächlich kein Geld mehr über die Firma eingenommen wurde?
    Würden ggf. Zahlungen für die private Krankenkasse und Mietzuschuss auch rückwirkend gezahlt?


    Vielen Dank für Eure Hilfe und viele Grüße
    Robert

  • Eines gleich vorneweg: Jegliche Zahlungen erfolgen bei Anspruch erst ab dem Tag, an dem Du Dich als Hilfebedürftiger bei dem für Dich zuständigen Jobcenter gemeldet hast!
    Es ergäbe sich für Dich und Deine Frau ein Anspruch in Höhe von 2 x € 328 Regelleistung zzgl. der Kosten der Unterkunft. Sollten diese Unterkunftskosten "unangemessen" hoch sein, müsstest Du sie innerhalb von 6 Monaten absenken, z. B. indem Du Dir eine günstihere Wohnung suchst. Von dem was euch zustehen würde kämen natürlich das ALG I Deiner Frau in Abzug. Auch wird geprüft, in welcher Höhe Vermögen existiert, welches ggf. vor Leistungsbezug aufzubrauchen wäre. Die Freibeträge liegen pro Erwachsenen bei € 150 x Lebensjahre (max. € 9750) + eine Pauschale von einmalig € 750. Was darüber liegt wäre zu versilbern, ebenso wie ein Auto welches den Wert von € 7500 übersteigt.


    Gawain

  • Wie sieht es denn mit den Kosten der Unterkunft aus? Werden die 6 Monate voll übernommen, auch wenn die Wohnung eigentlich zu groß wäre? Inkl. Nebenkosten für Strom und Wasser?


    Wie weise ich als Selbständiger denn nach, dass ich derzeit nicht genug verdiene?
    In der Einkommensteuererklärung für 2012 würde doch die Gesamteinnahmen auftauchen und nicht nur die, die ich derzeit habe. Wenn ich jetzt nicht genug verdiene und dafür z.B. ab Oktober wieder richtig gute Aufträge reinkommen, dann bin ich doch bei der Steuererklärung über dem Minimum obwohl ich derzeit keine Einnahmen habe.


    Würden die Kosten für Miete direkt mit dem Vermieter beglichen? Wenn möglich würde ich genau das vermeiden, damit er nicht weiß, dass ich gerade ein finanzielles Problem habe.


    Viele Grüße
    Robert

  • Wenn die Wohnung zu groß/zu teuer ist, wird Dich das Jobcenter unmittelbar auffordern, die Kosten der Unterkunft innerhalb von 6 Monaten zu mindern und übernimmt bis dahin die vollen Kosten. Nicht Deine Einkommensteuererklärung ist maßgeblich, sondern was derzeit Sache ist. Im Moment wärst Du hilfebedürftig und bekämst Leistungen, ab Oktober (um Dein Beispiel aufzugreifen) dann eben nicht mehr.


    Die Kosten der Unterkunft werden an Dich überwiesen und nur auf besonderem Wunsch, oder wenn der Leistungsbezieher die Bezahlung der Miete hat schleifen lassen, direkt an den Vermieter bezahlt.

  • Zitat

    Im Moment wärst Du hilfebedürftig und bekämst Leistungen, ab Oktober (um Dein Beispiel aufzugreifen) dann eben nicht mehr.


    Das ist falsch, bei Einkommen aus Selbständigkeit gilt etwas anderes als die normale Zuflusstheorie. Die Hilfe würde nur vorläufig bewilligt werden und zwar für einen Bewilligungsabschnitt (6 Monate). Das wäre als z. B. von August 12 bis Januar 2013. Danach muss der TE seine endgültige Einkommenserklärung abgeben. Das sich dann ergebende Durchschnittseinkommen würde dann auf die 6 Monate angerechnet. Wenn dieses höher ist als das vorläufig berücksichtigte Einkommen, dann muss der TE entsprechend zurückzahlen.


    Schaut man die ALG II-V, § 3, Abs. 4: http://www.gesetze-im-internet.de/algiiv_2008/__3.html


    Zitat

    (4) Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt.

  • Zitat

    Wenn ich jetzt nicht genug verdiene und dafür z.B. ab Oktober wieder richtig gute Aufträge reinkommen, dann bin ich doch bei der Steuererklärung über dem Minimum obwohl ich derzeit keine Einnahmen habe.

    ... wovon träumst Du Nachts ??? warum sollte zu den Wintermonaten hin die Auftragslage besser werden? Bist Du im Köstümverleih für Karneval und Nikolaus tätig oder in einem Skigebiet als Winterausrüstungsverleiher? Sorry für die Ironie, neben dem was Turtle geschrieben hat kommen noch ein paar heftige Punkte auf Dich zu, nämlich das man mtl. Bilanz der Gewinn-Verlustrechnung sehen möchte, Dir zumutet zunächst einmal mit einem Darlehn das anstehende Fiasko zu überbrücken, und und und, das schlimme ist das man, wenn man solche Praktiken die einem angeraten werden sich auch sehr schnell mit dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung konfrontiert sehen muss und das ist bei Leibe kein Vergnügen! Ich kann Dir auf der einen Seite nur sagen, zögere es solange wie möglich heraus in den Bezug von staatlichen Leistungen zu geraten, denn wenn Du die einmal inne hast, ist Hopfen und Malz verloren - unsere lieben Staatsdiener kännen nämlich nur zwei Dinge, Dir Deine Fehler aufzählen und 400€ Jobs anbieten, mehr ist im Normalfall nicht drin. Waren die Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit noch teilweise in der Lage Abläufe nach zu vollziehen und den einen oder anderen Arbeitsuchenden, qualifiziert zu vermitteln so ist dies mit der Einführung von HARTZ IV nur noch ein Wunschdenken unwissender Politiker!


    Schau das Du einen Kredit von der Bank erhältst und das Ihr gesund bleibt, mehr kann ich Dir eigentlich nicht mehr raten, das was diese Regierung unter Merkel und von der Leyen Arbeitsmarktpolitisch zu bieten hat, entspricht grob dem was man in den DDR Zeiten in ganz normalen Lebensmittelgeschäften auch erhalten konnte wenn angegündigt wurde das es dies oder das am Tag X geben wird , die Leute stehen für wenige wirklich gut bezahlte Stellen Schlange und die Qualität der Vermittler geht gegen Null. Wenn diese Menschen aber keine Arbeit finden, von wem willst Du dann noch einen Zuwachs an Aufträgen erwarten!? Als AG hast Du versagt, weil Du Dir den Luxus geleistet hast, statt 2 Leute auf 400€ Basis auszubeuten, zumindest Deiner Frau ein halbwegs sicheres Einkommen zu ermöglichen!


    Der einzig legale Tip den ich euch geben kann ist der sich zu trennen, und noch ein Jahr weiter dahin zu vegetieren, dann hat Deine Frau zumindest nach der Trennung noch einen vollen Anspruch auf ALG I ohne das dies noch auf Deinen ALG II Bezug angerechnet würde, wie gesagt 1 Jahr Trennungsunterhalt musst Du wohl mit berücksichtigen! getrennte Wohnungen sind ein "muss". Beziehungen darf man haben nur sollte man nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben.

  • Ich habe mich vor 5 Jahren aus der Arbeitslosigkeit heraus selbständig gemacht. In der Existenzgründungsberatung mit Buchhaltungskurs der BMW (Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft) hieß es, die Hartz4-Verteiler hätten keinerlei unternehmerisches Denken. Man müsse jede Woche mit seinem Sachbearbeiter die Ein- und Ausgaben abrechnen, sprich: Gewinne werden von Hartz4 abgezogen. Was sich für die meisten Leute zunächst als gerecht anhört, ist für eine Firma jedoch Gift, weil man so niemals Rücklagen für Anschaffungen bilden kann. Man kriegt bei Hartz4 aber andererseits keinerlei Gelder, um irgendwie in die Firma zu investieren - und sei es noch so sinnvoll. Du kannst je Woche also stets nur das ausgeben bzw. investieren, was Du evtl. eingenommen hast. Das ist sehr lebensfern, eine Firma zu führen, aber die Schreibtisch-Leute der arge wissen es eben nicht besser und machen Dir vorraussichtlich das Leben schwer. Willst Du Flyer drucken oder ein Werbeinserat aufgeben, geht das immer nur dann, wenn auch Einnahmen anfallen - also auf Abruf, und nicht etwa dann, wenn Du das Inserat oder die Flyer brauchst. Das dürfte dann zu Diskussionen über Sinn und Zweckmäßigkeit mit Deinem Hartz4-Verwalter führen. Vielleicht gibt es bei soviel unternehmerischer Ahnungslosigkeit auch noch den Vorwurf, Du müßtest die Einnahmen für den Lebensunerhalt verwenden, statt für Marketingmaßnahmen. Doch wo sollen neue Kunden herkommen ohne Marketing? Ich würde es tunlichst vermeiden, bei Selbständigkeit in diese Falle zu tappen.


    Schau lieber, dass Du Deine Auftragslage in Gang bekommst! Es gibt Beratung und auch Coaches. Vielleicht gibt es bei Dir auch "Alt hilft Jung" - freiwillige Senioren aus der Wirtschaft, die noch was sinnvolles machen wollen und Dir helfen. Die arbeiten ehrenamtlich, Unkosten müssen aber erstattet werden, z.B. Fahrtkosten. Es ist klar, das diese Leute mit ihrer freundlichen Hilfe kein Minus einfahren wollen. Du versuchst einiges, um wieder an Aufträge zu kommen - aber es klappt derzeit eben nicht alleine. Suche Dir Hilfe bzw. Beratung!


    Aber das ist natürlich leichter gesagt als getan, klar. Ich würde mir an Eurer Stelle noch einen normalen Job suchen - ein regelmäßiges Einkommen ist was feines. In der Zeitung stehen immer wieder Handwerksmeister drin (also ggf. auch andere Selbständige), die noch nen Nebenjob suchen. Und auch ich fahre zweigleisig - und musste meine alte Stelle wiederbeleben.


    Flexibel sein in jeder Hinsicht und durchhalten!

  • "Wie kann / muss ich der Arge nachweisen, dass seit März tatsächlich kein Geld mehr über die Firma eingenommen wurde?"


    Du legst Deine Einnahme-/Überschußrechnug bzw. Bilanz vor! Du kannst Dir auch einen Beleg von Deinem Steuerberater machen lassen, kostet aber extra. Das würde ich nur tun, wenn die arge Dir schriftlich gibt, diese Kosten zu übernehmen. Dies kann allerdings aus Datenschutzgründen durchaus sinnvoller sein.


    Als Grundsatzüberlegung: das Finanzamt glaubt Dir doch auch Deine Angaben! Und auch die Angaben jeder anderen Firma, die irgendwem irgendwas bescheinigt. Du bist nun eben selbst eine Firma, die was bescheinigt. Also hat die Arge da nicht zu zweifeln, wenn sie anschließend dem Steuerbescheid glauben, der aufgrund Deiner Angaben errechnet wird. Und genau das solltest Du Deinem Berater auch aufs Brot schmieren, falls nötig.

  • Niemand wird dem Steuerbescheid "glauben", weil er im SGB II überhaupt niemanden interessiert:


    Zitat

    (2) Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen.


    http://www.gesetze-im-internet.de/algiiv_2008/__3.html