Umstellung Sozialgeld zu Sozialhilfe? +andere Fragen...

  • Ich war ursprünglich für drei Jahre berentet bis Ende Mai 2015. Da ich einen 17 jährigen Sohn habe, der allerdings noch zur Schule geht, bekomme ich Sozialgeld nach SGB II. Nun hat die Rentenversicherung die Rente verlängert bis 30.04.2032. Daher wurde mir heute mitgeteilt, dass ich jetzt einen Antrag auf Sozialhilfe nach SGB XII stellen müsse, mein Sohn aber weiter Sozialgeld bekäme. Ist das so korrekt? Mir wurde früher mitgeteilt, dass ich Sozialgeld nur bekomme, weil mein Sohn bei mir wohnt. Warum nun diese Umstellung, da sich ja an der Wohnsituation nichts geändert hat.


    Außerdem wurde mir mein Sozialgeld in diesem Monat noch nicht ausgezahlt, weil das 4 Augen Prinzip nicht funktioniert hat. Was kann ich da machen?


    Und mein Sachbearbeiter ist immer noch der festen Überzeugung, dass ein erwerbsunfähiger Sozialgeldempfänger keinen Freibetrag bei Zuverdienst hat, obwohl ich ihm schon ein entsprechendes Gerichtsurteil vorgelegt habe und den Ausschnitt aus der Wissensdatenbank, der Sozialgeldempfänger den Sozialhilfeempfängern gleichstellt. Es wäre im Team darüber gesprochen worden und alle wären der Überzeugung, dass es keinen Freibetrag gäbe. Natürlich spielt das jetzt keine Rolle mehr, da ich ja Sozialhilfe bekommen soll, aber auch andere Menschen sind ja davon betroffen, wie kann man das Amt aufklären?

  • Der Wechsel in die Sozialhilfe für dich ist korrekt. Solange du nur Erwerbsminderungsrente auf Zeit hattest, war das Jobcenter aufgrund deines erwerbsfähigen Sohnes, der dich mit in die Bedarfsgemeinschaft "gezogen" hat, mit Sozialgeld für dich zuständig. Wärest du alleinstehend, hättest du Sozialhilfe nach dem 3. Kapitel SGB XII bekommen.


    Jetzt aber bekommst du Erwerbsminderungsrente bis zum Eintritt der Altersrente, also unbefristet. Damit hast du Anspruch auf Sozialhilfe nach dem 4. Kapitel SGB XII. Und die ist dem Sozialgeld nach dem SGB II vorrangig.


    Wegen dem Freibetrag: das ist schon traurig, wenn Sachbearbeiter nicht in der Lage sind, ihre fachlichen Hinweise und die WDB zu lesen, wenn sie schon das BSG Urteil nicht kennen sollten. Da hilft dann nur die Widerspruchsstelle oder dann das Sozialgericht.

  • Vielen Dank für die Antwort.


    Ich habe nun noch eine weitere Frage, sorry, falls sie schon einmal gestellt wurde. Natürlich wurde ich aufgefordert, dem Antrag meine Kontoauszüge beizulegen. Darf ich meine Ausgaben schwärzen? Für mich ist es eine sehr intime Angelegenheit, wofür und wo ich mein Geld ausgebe, daher möchte ich nicht, dass andere Menschen das lesen.


    Gibt es dazu Gerichtsurteile oder gesetzliche Aussagen?


    Ach ja, und wie hoch ist der Vermögensfreibetrag für meinen Sohn und mich, wenn ich Sozialhilfe wegen Berentung bekomme und er Sozialgeld nach SGB II?

  • Ich habe das hier im Arbeitslosen Service gefunden, da steht, dass man selbstverständlich schwärzen darf. Es wird da auch davon ausgegangen, dass es nicht rechtens ist, wenn überhaupt mehrere Monate Kontoauszüge verlangt werden, das dürfte das Sozialamt eigentlich nicht.


    Kontoauszüge schwärzen
    Wie bereits zuvor geschildert, ist die Vorlage eines Kontoauszuges nur erforderlich, um als Nachweis über vorhandenes Vermögen zu fungieren. Das bedeutet, dass der Sozialhilfeträger nur Anspruch auf Angabe des Kontostandes hat, nicht auf Angabe der Buchungen. Der Hilfeempfänger kann demnach alle Buchungen, die auf dem Kontoauszug vermerkt sind, schwärzen, um sie für den Sozialhilfeträger unkenntlich zu machen, weil Kontobewegungen zur Feststellung eines Vermögens unerheblich sind.
    Es müsste ohnehin einleuchtend sein, dass die Soll-Buchungen (Abbuchungen/Minusbeträge) geschwärzt werden dürfen, denn es geht (wie schon zuvor beschrieben) keinen Sachbearbeiter etwas an, wofür ein Hilfeempfänger sein Geld ausgibt. Der Hilfeempfänger hat eine sogenannte Dispositionsfreiheit, d. h. er kann selbst entscheiden, wofür er die Sozialhilfe ausgibt. (BVerwG 30.12.1996, FEVS 1997, 337 f.) Der Hilfeempfänger kann die Sozialhilfe sogar für Dinge ausgeben, die nicht zum notwendigen Lebensunterhalt gehören und nicht im Regelsatz enthalten sind. Das steht ihm völlig frei und kein Sachbearbeiter kann ihm da hineinreden. (OVG Münster FEVS 38, 64 ff.) Jeder kann demnach seine Kontoauszüge an den Stellen schwärzen, die für die Leistung nicht erheblich sind.
    Aber nicht nur Soll-Buchungen können geschwärzt werden, auch Haben-Buchungen (Zahlungseingänge/Plusbeträge) können bedenkenlos geschwärzt werden. Der Sozialhilfeträger darf aufgrund solcher Schwärzungen nicht einmal versteckte Nebeneinkünfte vermuten, wenn der Hilfeempfänger dieses verneint. Eine solche Vermutung wäre nur zulässig, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte vorliegen (siehe hierzu analog die Argumentation nebst einschlägigen Gerichtsurteilen weiter oben)

  • Ich weiß ja nicht, aus welchem Jahrhundert das stammt, aber das muss wohl kurz nach der Sinnflut gewesen sein.


    Da du augenscheinlich nicht selbständig in der Lage bist, bei google mal "BSG Kontoauszüge schwärzen" einzugeben, habe ich das mal für dich getan:


    http://lexetius.com/2008,3925


    Zitat

    Eine Einschränkung ergibt sich hier insbesondere aus § 67 Abs 12 SGB X iVm § 67a Abs 1 Satz 2 SGB X. Nach § 67a Abs 1 Satz 2 SGB X ist für besondere Arten personenbezogener Daten gesondert zu prüfen, ob deren Kenntnis zur Erfüllung der Aufgabe der erhebenden Stelle erforderlich ist. § 67 Abs 12 SGB X nennt als besondere Arten personenbezogener Daten Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben. Für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Grundsicherungsträgers - Sicherung des Lebensunterhalts und Eingliederung in Arbeit, vgl § 1 Abs 2 SGB II - ist es nicht erforderlich, dass dieser Kenntnis über das Ausgabeverhalten der Grundsicherungsempfänger in den in § 67 Abs 12 SGB X genannten Bereichen erlangt. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Adressaten/Empfänger der Zahlungen. Geht etwa aus den Empfängerangaben hervor, dass der Grundsicherungsempfänger Beiträge an eine politische Partei, Gewerkschaft oder Religionsgemeinschaft überweist, so ist die Kenntnis der jeweils begünstigten Partei, Religionsgemeinschaft etc für die Aufgaben des Grundsicherungsträgers grundsätzlich irrelevant. Allerdings muss im Hinblick auf die Regelungen in § 31 Abs 4 Nr 1 und Nr 2 SGB II, die Sanktionen bei unwirtschaftlichem Verhalten des Hilfebedürftigen vorsehen, gewährleistet bleiben, dass die vom jeweiligen Grundsicherungsempfänger überwiesenen Beträge der Höhe nach erkennbar bleiben. Geschützt ist mithin nur die Geheimhaltung des Verwendungszwecks bzw des Empfängers der Überweisung, nicht deren Höhe.


    Jetzt klar? Nochmals: Du kannst den Überweisungsgrund schwärzen, wenn es religöse, ethnische, parteiische etc. Rückschlüsse zulässt, aber nicht die Zahlung selbst!

  • Ach ja, und dass natürlich für mind. 3 Monate zurück die Kontoauszüge verlangt werden dürfen, kannst du in dem Urteil auch noch gleich mitlesen:


    Zitat

    [17] Dies gilt auch in zeitlicher Hinsicht, jedenfalls soweit - wie hier - Kontoauszüge für die letzten drei Monate angefordert worden sind. Der Senat hat nicht darüber zu befinden, inwieweit die Vorlagepflicht von Kontoauszügen für die letzten zwölf Monate noch im Rahmen des § 65 SGB I hinnehmbar wäre (anders LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 12. Juli 2007 - L 6 AS 378/07 ER). Gegen die Aufforderung, die Kontoauszüge für die letzten drei Monate vorzulegen, bestehen aber keine grundsätzlichen Bedenken (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. Juli 2006 - L 9 B 48/06 AS ER).


    Und last but not least: hiernach dürfen auch die Kontoauszüge von 6 Monaten verlangt werden:


    https://www.jurion.de/Urteile/BSG/2010-07-15/B-14-AS-45_10-B


    Bei aller Liebe, es geht hier um Mittel der Allgemeinheit. Niemand stellt einen großen Topf mit Geld auf den Tisch, damit man sich nach Belieben daran bedienen darf. Wenn man das Geld der Steuerzahler will, muss man beweisen, dass man hilfebedürftig ist. Das geht u. a. nur mit Kontoauszügen, ob dir das gefällt oder nicht.