Rückerstattung von der Arge gefordert

  • Hallo, ich brauche mal Hilfe in einem komplizierten Fall:


    Eine Lebensgemeinschaft (Bedarfsgemeinschaft) , vollzeit arbeitende Frau, minderjähriger Sohn in der Schule und zwischendurch in teilzeit (Geringverdiener unter 165 €) arbeitender Mann mit unregelmäßigem Einkommen. Der Mann hat Sozialleistungen über die Arge bezogen (Kosten für Unterkunft und Heizung). Zeitraum 01.07.2009 - 31.01.2010.
    Mittlerweile ist die Lebenspartnerschaft und damit auch die Bedarfsgemeinschaft aufgelöst - Trennung.
    Nur Frau und Ex-Mann haben noch einen gemeinsamen Kredit aus einer versuchten Selbständigkeit.


    Nun schickt die Arge 3 Schreiben, an Ex-Mann, Frau und Sohn.
    Jede der genannten Personen soll zuviel gezahlte Leistungen (resultierend aus dem Erwerbseinkommen des Mannes) zurückzahlen.
    D.h., der Sohn (der Frau zugehörig und nicht mit dem Mann verwandt) soll auch Leistungen zurückzahlen, obwohl er in dieser Zeit minderjährig war und mit den Leistungen des Amtes direkt nichts zu tun hatte.
    Die Frau soll Leistungen., die der Mann erhalten hat zurückzahlen.
    Der Mann soll Leistungen zurückzahlen.


    Nun zu den Fragen:


    Ist,
    a) die Arge berechtigt von dem Sohn, der mittlerweile eine Ausbildung absolviert, Rückerstattung zu fordern?
    b) von der Frau Rückerstattung zu fordern, obwohl sich die Leistungen auf den Mann bezogen, der zudem noch unter dem erlaubten Satz Geld verdient hat?
    c) überhaupt nachträglich von diesem Zeitraum (2009 Leistungen / 2012 Rückforderung) Rückerstattung zu fordern?


    Und wäre nicht der Mann in dem Fall diejenige Person, an die sich die Arge wenden müßte, da er in diesem Fall Leistungsbezieher war? Der Frau und dem Sohn würde es das finanzielle AUS bedeuten, würden sie die geforderten Summen bezahlen.


    Danke für eure Hilfe!

  • a) ja
    b) ja


    Wieso? Weil ihr eine Bedarfsgemeinschaft wart und deshalb alle ALG 2 bezogen habt. Denn das Einkommen in einer Bedarfsgemeinschaft wird per Gesetz (§ 9 SGB II) unter alle aufgeteilt, so dass jeder dann noch bedürftig ist.


    c) Komm darauf an, wann das Amt vom Einkommen des Mannes erfahren hat. Ab Kenntnis hat es ein Jahr Zeit. 165 Euro sind übrigens beim ALG 1 frei. Beim ALG 2 ist es anders.

  • Aber wäre in dem Fall nach der Trennung nicht derjenige zu belasten, der die Leistungen erhalten hat?


    und Laut dem Widerspruch des Mannes hat er nie über 50€ im Monat verdient, also wäre das doch unter dem maximal "dazuverdienbaren"...

  • Du verstehst es nicht: IHR ALLE habt die Leistungen erhalten!


    Den anderen Satz verstehe ich nicht. Was meinst du mit "laut dem Widerspruch". Widerspruchsschreiben? Widerspruchsbescheid? Hatte er noch anderes Einkommen? Meinst du mit den 50 Euro das ANRECHENBARE Einkommen oder den TATSÄCHLICHEN Verdienst?


    Man müsste die Bescheide dazu mal sehen. Vorher und nachher.

  • @ Teennase - ich sehe das etwas anders wie Turtle, denn diese geht von einer BG und eheänlichen Gemeinschaft aus ! Demnach wäre das dann aber auch durchaus richtig, wenn, ja wenn davon auszugehen ist das eine eheähnliche Lebensgemeinschaft anzunehmen ist.


    Sofern aber diese eheähnliche Gemeinschaft ausgeschlossen werden kann was bei Paaren ohne Kinder durchaus der Fall sein kann besteht ja die Möglichkeit des Zusammenlebens auf Probe und für die Dauer von 12 Monaten kann diese Annahme auch ausgesetzt werden. Bei Gemeinschaften in denen Kinder im Spiel sind sieht das ein wenig anders aus, wobei ich mal annehme das ein 14, 15 oder 16 jähriges Kind durchaus keiner Betreuung bedarf, die eine solche eheänliche Gemeinschaft und ein füreinander einstehen zwingend vorauszusetzen ist. Hier hätte aber zumindest die Kindesmutter erklären müssen das lediglich einen WG besteht und keiner der beiden Lebenspartner füreinander einstehen will. Der Zeitraum Der Mann hat Sozialleistungen über die Arge bezogen (Kosten für Unterkunft und Heizung). Zeitraum 01.07.2009 - 31.01.2010. beläuft sich auf 7 Monate und demnach wäre dann eben nur eine BG des Mannes entstanden, wenn keine Kontenvollmacht oder ähnliches gegenseitig abgegeben wurden. Dies setzt aber auch voraus das die Miete und die Nebenkosten anteilig von den Parteien (Mutter mit Kind) und Lebenspartner anteilig getragen worden sind. ich denke das dies nicht zutrifft und somit der Sachverhalt den Ausführungen von Turtle unterliegt.


    Wer hat den Antrag beim JC / ARGE gestellt und in wieweit wussten die anderen beteiligten davon.


    Dem Sohn kann meines Erachtens keine Haftung auferlegt werden da dieser auch unter den BG-Zeiten der Unterhaltspflicht der Mutter und des leiblichen Vaters unterlag. Hier würde ich die Forderung als Wohgemeinschaftsbeteiligter dem Amt gegenüber in die Verpflichtung der Mutter und Ihrer Unterhaltspflicht zurück führen und dies auch zur Not mit einer Klage vor dem Sozialgericht durchziehen. Damit bist Du dann schon mal gänzlich aus der Rückforderung des JC/ARGE - Deine Mutter trägt damit natürlich dann die Verantwortung für einen möglicherweise anteilig größere Rückforderung aber das sollte Dich in keinem Fall stören, sie hat innerhalb der WG auch Deine Belange zu vertreten gehabt und ja auch wohl vertreten, somit hast Du keinerlei Verpflichtung zur Rückzahlung an die ARGE / JC, auch nicht wenn es sich tatsächlich um eine gültige BG handeln sollte, an Deiner Stelle würde ich auf jeden Fall in Widerspruch gegen direkt gegen Dich gestellte Rückforderungen gehen!

  • Interessante Ansicht. Verträgt sich halt eben nicht mit der Rechtsmeinung des BSG zu Individualansprüchen. D. h.: du müsstest jetzt erstmal Jura studieren, das Studium mit Prädikat abschließen, zusehen, dass du einen Richterposten an einem SG bekommst und dich dann ganz langsam zum BSG hocharbeiten. Dann könntest du (so die anderen Richter deiner Kammer dann auch deiner Meinung sind) die Rechtsprechung zu Individualansprüchen erneuern und deine Rechtsmeinung durchsetzen.


    Da aber derzeit noch die aktuellen Rechtsprechungen des BSG zu Individualansprüchen (und deren Rückforderungen) gilt, wird das wohl der TE nicht helfen.

  • @ Turtle 1972 - oder man geht den Weg das man es auf eine Klage ankommen lässt und dann vom zuständigen Sozialgericht ein Urteil erhält das dem JC und Dir nicht gefallen könnte, Du schaust immer nur durch die Brille der Juristin un siehst nur Deine Gesetzesbücher!


    Mal ne Simple Frage, in wie vielen Fällen die Du beim Sozialgericht vertreten hast, waren die Gerichte anderer Meinung wie Du und haben dem Kläger oder Beklagten Recht zugesprochen ???


    Vor Gericht und auf hoher See,......den Rest kennst Du doch wohl, oder ???


    Grade der Umstand das der Schüler, der jetzt Auszubildener ist zu der Zeit überhaupt keinen eigenen Einfluss auf Entscheidungen hatte weil seine Mutter "unterhaltspflichtig und vermutlich ja auch wohl sorgeberechtigt war, sind für mich Indikatoren die zumindest für Ihn keine Rückforderungsansprüche seitens des JC gültig werden lassen.


    Wenn das Urteil dann so ausfallen sollte kannst Du ja einen Antrag einreichen mir einen entsprechenden Ehrentitel und eine der vorgeschlagenen Positionen zu verschaffen!



    Bin für jede gut bezahlte Tätigkeit dankbar!

  • Ja, natürlich Horsti, man kann gern den gerichtlichen Weg einschlagen. Wenn man es bezahlen kann. Für solche eindeutigen Fälle (wie hier zum Individualprinzip) gibt es angesichts der gefestigten Rechtsprechung des BSG nämlich weder Beratungs- noch Prozesskostenhilfe. Dessen ungeachtet, dass die TE aufgrund ihres Einkommens schon keinerlei Unterstützung bei den Kosten der Klage und des Anwaltes bekäme.


    Von daher MUSS ich es aus der juristischen Schiene heraus betrachten, denn ich möchte -offensichtlich im Gegensatz zu dir- der TE nicht dort Hoffnung machen, wo es keine gibt und sie dazu animieren, noch mehr Kohle zum Fenster rauszuschmeißen.


    Inhaltlich wäre ggf. Widerspruch und Klage gerechtfertigt, nämlich dann, wenn die Höhe der Rückforderung nicht stimmt. Aber dazu müsste sich die TE eben mal wieder äußern, was das mit den 50 Euro Einkommen auf sich hat.

  • Hallo Turtle,
    so einfach wie Du Dir das vorstellst, Minderjähriger muß zahlen, hat das BSG NICHT entschieden, DENN:


    Gängige Praxis der Jobcenter ist es, Rückforderungsbescheide gegen jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu erlassen. Dies trifft auch die minderjährigen Kinder des Hilfeempfängers. Um zu verhindern, dass der Minderjährige mit Schulden in die Volljährigkeit geht, ist per Gesetz die Einrede nach §1629a BGB möglich. Damit beschränkt sich die Haftung des Minderjährigen auf das Vermögen, dass er mit Eintritt in die Volljährigkeit hat. In der Praxis hat sich die Einrede gegenüber dem Jobcenter bewährt.


    BSG Urteil vom 07.07.2011 (B 14 AS 153/10R):


    in diesem Zusammenhang beachten!


    WENN also kein Vermögen vorhanden ist (das müßte selbstverständlich geprüft werden) ist die Rückforderung gegenstandslos, weil rechtswidrig!


    Gruß
    Ernie

  • Die Frage, die uns beschäftigt, ist vielmeher die: Warum wendet sich die ARGE an die Mutter, wenn der nicht mehr in der eheähnlichen Gemeinschaft lebende Mann das Geld bezogen hat. Die Mutter kann sich kaum selbst mit dem Einkommen über Wasser halten und muss schon die Schulden für den Mann bezahlen. Kann sich die Arge nicht an den Mann wenden? Gibt es irgendwo eine Möglichkeit, wegen, sagen wir es einmal krass ausgedrückt: "Fast-Insolvenz" dem irgendwie zumindest vorerst aus dem Weg zu gehen? Wenn SIE nämlich diese Rückforderung, die der Mann erhalten hat als Leistung auch zurückzahlen muss, wäre sie quasi schon zahlungsunfähig...

  • Zitat

    Die Frage, die uns beschäftigt, ist vielmeher die: Warum wendet sich die ARGE an die Mutter, wenn der nicht mehr in der eheähnlichen Gemeinschaft lebende Mann das Geld bezogen hat.


    Das steht in meinen ersten beiden Beiträgen:


    Zitat

    Wieso? Weil ihr eine Bedarfsgemeinschaft wart und deshalb alle ALG 2 bezogen habt.


    Es ist im ALG 2 so, dass das Einkommen (auch des Einzelnen) auf ALLE verteilt wird. Dadurch wird rechnerisch auch der, der genug Einkommen hat bedürftig und ALG 2 Empfänger.


    Ich erkläre es dir mal an einem einfachen Beispiel:


    Stell dir vor, ihr seid 3 Personen, jede Person hat einen Bedarf von 300 Euro, alle zusammen also 900 Euro. Person 1 verdient 600 Euro, könnte also seinen Bedarf eigentlich selbst decken. Aber: diese 600 Euro werden auf alle 3 Personen gleichmäßig verteilt, so dass jede Person 200 Euro Einkommen hat. Dadurch hat jede Person 100 Euro ALG 2 Anspruch, 300 Euro werden als ALG 2 insgesamt ausgezahlt.


    Jetzt verändert sich was, Person 2 verdient 150 Euro. Das Geld für den Monat, wo er den Verdienst bekommen hat (also die 300 Euro ALG 2) ist bereits ausgezahlt. Diese 150 Euro werden dann natürlich auch gleichmäßig auf alle 3 Personen aufgeteilt, also bei jeder Person kommen 50 Euro Einkommen dazu, so dass dann jede Person nur noch 50 Euro ALG 2 Anspruch hat.


    Daher werden dann auch von JEDER Person 50 Euro zurückgefordert. Auch von Person 1, die ja 600 Euro verdient.


    Daran lässt sich auch nichts rütteln, weil dieses Individualprinzip vom Bundessozialgericht in ganz vielen Entscheidungen so entwickelt und bestätigt wurde.