Was passiert, wenn man als Hartz IV Empfänger erbt?

Im Falle einer Erbschaft stellt sich für Personen, die Leistungen nach dem SGB II – besser bekannt als Hartz IV – beziehen die Frage, ob bzw. wie eine Anrechnung der Erbschaft auf die erhaltenen Leistungen erfolgt und was Hartz IV Empfänger darüber hinaus im Erbfall beachten sollten.

Eine Erbschaft wird als Einkommen angerechnet

Grundsätzlich wird eine Erbschaft, die während dem Bezug von Leistungen nach dem SGB II zufließt, im Rahmen der Einkommensanrechnung als sogenannte einmalige Einnahme bedarfsmindernd angerechnet.

Eine Ausnahme hiervon besteht lediglich dann, wenn der Erbfall bereits vor der Beantragung der Grundsicherungsleistungen eingetreten ist (Bundessozialgericht, Az.: B 14 AS 45/09). In solchen Fällen ist die Erbschaft als Vermögen im Sinne des § 12 SGB II zu behandeln.

Einkommensanrechnung als einmalige Einnahme

Sofern die Erbmasse den monatlichen Bedarf des Erben übersteigt, ist das im Rahmen der Erbschaft zufließende Einkommen als sogenannte einmalige Einnahme (§ 11 Abs. 3 SGB II) anzurechnen.

Hierbei wird die Einnahme anteilig für grundsätzlich bis zu sechs Monate (in Ausnahmefällen bis zu zwölf Monate) mit einem entsprechenden Teilbetrag bedarfsmindernd als Einkommen angerechnet. Die Höhe der Hartz IV Leistungen verringert sich in dieser Zeit also entsprechend um den angerechneten Teilbetrag.

Leistungen als Darlehen bei Erbschaft von Sachwerten

Sofern der Erbe eine aus Sachwerten bestehende Erbschaft nicht zeitnah verwerten – also zu Geld machen – kann, kommt eine Erbringung der Leistungen als Darlehen gemäß § 24 Abs. 5 SGB II in Betracht. Hierbei kann der Leistungsträger gegebenenfalls Teile der Erbmasse als dingliche Sicherheit für die als Darlehen erbrachten Leistungen beanspruchen.

Darf man das Erbe ausschlagen?

Die Möglichkeit zur Ausschlagung einer Erbschaft ist für Erben, die Leistungen nach dem SGB II erhalten prinzipiell gegeben. Allerdings sind Personen, die vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen einen Bezug von Leistungen nach dem SGB II herbeiführen, zum Ersatz der aus diesem Grund gezahlten Leistungen verpflichtet (§ 34 Abs. 1 SGB II).

Diese Konstellation ist im Falle der Ausschlagung einer Erbschaft mit positivem Nachlasswert gegeben, weshalb die Ausschlagung einer Erbschaft mit positivem Nachlasswert für den Erben keinen Vorteil bedeutet.

Insbesondere ist von Konstruktionen abzuraten, bei denen ein Erbe, der Leistungen nach dem SGB II bezieht, die Erbschaft zu Gunsten von in der Erbfolge nachrangigen Verwandten ausschlägt, die selbst keine Leistungen nach dem SGB II beziehen. Auch hier haftet der Leistungsbezieher in Höhe der tatsächlich zu unrecht gezahlten Leistungen – auch dann, wenn ihm für die Ausschlagung der Erbschaft von den nachrangigen Erben nur ein Bruchteil „als Belohnung“ für die Ausschlagung ausgezahlt wird.

In der Praxis bedeutet dies, dass Erben, die Arbeitslosengeld II beziehen, eine Erbschaft nur dann ohne weitere Konsequenzen ausschlagen können, wenn der Nachlasswert negativ ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn man Schulden erbt oder die mit der Annahme des Erbes verbunden Kosten den Nachlasswert übersteigen.

Meldung der Erbschaft an das Jobcenter

Erben, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, sind gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I verpflichtet die Erbschaft unverzüglich dem zuständigem Leistungsträger – in der Regel dem Job-Center – anzuzeigen. Wird die rechtzeitige Anzeige der der Erbschaft unterlassen, handelt der Erbe ordnungswidrig was wiederum mit einem Bußgeld geahndet werden kann (§ 63 Abs. 1 Nr. 4 SGB II). Zudem könnte im Einzelfall der Straftatbestand des Betrugs gemäß § 263 StGB erfüllt sein.

Erben, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, ist daher dringend zu raten die Erbschaft gegenüber dem zuständigen Leistungsträger rechtzeitig anzuzeigen.

(ehemalige) Harzt IV Empfängern als Erblasser

Auch im umgekehrten Fall, nämlich dann, wenn der Erblasser in den letzten 10 Jahren vor dem Erbfall Leistungen nach dem SGB II erhalten hat, kann der Leistungsträger nachträglich auf das während des Leistungsbezugs geschützte oder noch nicht vorhandene Vermögen des Erblasser zurückgreifen.

Nach den Regelungen zur Erbenhaftung des § 35 SGB II sind Erben von Personen, die innerhalb der letzten 10 Jahre vor Eintreten des Erbfalls Leistungen nach dem SGB II bezogen haben, unter gewissen Voraussetzungen zu Ersatz der Leistungen verpflichtet (eine ähnliche Regelung im Sozialhilferecht besteht in § 102 SGB XII).

Grundsätzlich ist der Ersatzanspruch gegenüber dem Erben nach § 35 Abs. 2 SGB II nicht geltend zu machen, wenn:

  • der Wert des Nachlasses unter 15.500 Euro liegt oder
  • der Erbe der Partner des Leistungsempfängers war oder
  • der Erbe mit dem Leistungsempfänger verwandt war und mit diesen längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt und diesen gepflegt hat oder
  • die Geltendmachung im Einzelfall eine besondere Härte bedeuten würde.

Liegt keine dieser Voraussetzungen vor, ist dem Leistungsträger der innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Erbfall erbrachte Teil der Leistungen, der 1.700 Euro übersteigt vom Erben zu ersetzen. Die Erbenhaftung ist allerdings auf den Nachlasswert begrenzt und der Ersatzanspruch erlischt drei Jahre nach dem Tod des Erblassers.