Jobcenter darf Renteneintritt trotz lebenslangen Abschlägen erzwingen

Wenn der Eintritt in die reguläre Altersrente nicht “in nächster Zukunft” bevorsteht, darf das Jobcenter einen Renteneintritt erzwingen. Auch mit deutlichen, lebenslangen Abschlägen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat sich nun mit der Frage befasst, welcher Zeitraum noch als in “nächster Zukunft” anzusehen ist.

In dem Verfahren vor dem LSG Berlin-Brandenburg (AZ: L 20 AS 2222/18 B ER) klagte eine Hartz IV Empfängerin gegen eine Anordnung, mit der das Jobcenter einen vorzeitigen Eintritt in die Altersrente bzw. die Stellung eines Rentenantrags erzwingen wollte.

Diese wäre für die Klägerin mit lebenslangen Rentenabschlägen in Höhe von fast 10% verbunden.

Bis zum regulären Renteneintritt, bei dem keine Abschläge hinzunehmen wären, hätte die Klägerin noch sechs Monate warten müssen.

Für diese sechs Monate wollte das Jobcenter keine Leistungen mehr übernehmen. Die Klägerin habe nach Ansicht des Jobcenters grundsätzlich die Pflicht andere Leistungen vorrangig in Anspruch zu nehmen, um die Hilfebedürftigkeit zu mindern oder zu beseitigen. Hierzu zähle auch der Bezug der Altersrente.

Hiergegen brachte die Klägerin vor, dass die Beantragung der Altersrente mit derart hohen Abschlägen unzumutbar sei. Die abschlagsfreie Altersrente sei schließlich nur sechs Monate entfernt.

Gericht: Sechs Monate sind nicht “in nächster Zukunft”

Das Gericht folgte den Argumenten der Klägerin jedoch nicht. Das Jobcenter dürfe die Stellung eines Rentenantrags verlangen. Etwas anderes gelte nur dann, wenn der Eintritt in die abschlagsfreie Altersrente “in nächster Zukunft” bevorstünde.

Hierunter falle der Zeitraum von sechs Monaten jedoch nicht, entschied das Gericht.

Rechtsprechung des Bundessozialgerichts konkretisiert

Bereits 2015 hatte das Bundessozialgericht entschieden, dass es rechtens sei, Hartz IV Bezieher, die das 63. Lebensjahr erreicht hätten zur Stellung eines Rentenantrags aufzufordern – auch wenn der Rentenbezug mit lebenslangen Abschlägen verbunden sei. Diese wenig konkret formulierte Regelung findet sich seit einigen Jahren auch in § 3 der Unbilligkeitsverordnung (UnbilligkeitsV).

Hinsichtlich des Zeitraums, in dem eine solche Aufforderungen unzumutbar sei, legten die Bundesrichter 2015 fest, dass dies bei einer zu überbrückenden Zeit von vier Monaten der Fall sei. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg schloss sich dieser Ansicht nun an, mit dem Unterschied, dass es die Ansicht vertrat, dass eine Unzumutbarkeit bei sechs Monaten nicht gegeben sei.