Kredit trotz Beanspruchung der Sozialleistungen?

In Deutschland sind derzeit über sechs Millionen Menschen auf die staatlichen Hilfen in Form von Hartz IV angewiesen. Die grundgesetzlich verankerte Grundsicherung lässt jedoch keinen Spielraum für Anschaffungen, die außerhalb der Reihe sind.

Da dies die Betroffenen vor erhebliche Probleme bei der Lebensführung stellt, ergibt sich die Frage, ob Hartz-IV-Empfänger dennoch die Möglichkeit haben, einen Kredit bewilligt zu bekommen.

Das am 1. Januar des Jahres 2005 eingeführte Hartz IV, das korrekterweise als Arbeitslosengeld bzw. ALG II bezeichnet wird, hatte bereits im Stadion der Konzeption aus dem Jahr 2002 die vorgegebene Intention, den zum Leistungserhalt berechtigten Personen ein würdevolles Leben zu ermöglichen. In Kraft trat es seiner Zeit durch das sogenannte „Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“.

Vor der Einführung des Arbeitslosengeld 2 (ALG II) gab es in Deutschland mit der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe zwei Leistungen, die getrennt voneinander dafür sorgen sollten, dass der Lebensunterhalt der sie beziehenden Personen nicht gefährdet ist:

Arbeitslosenhilfe

  • Vom Bund gezahlt
  • Finanzierung aus Steuergeldern
  • Ausbezahlung von 1956 bis 2004
  • Vorbild war „Krisenunterstützung“
Sozialhilfe

  • Von den Kommunen gezahlt
  • Für Personen ohne vorherige Erwerbstätigkeit
  • Von 1961 bis 2004 im BSHG geregelt
  • Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig

Was letztlich aber dazu führte, dass das über Jahre währende Konzept der beiden nebeneinander existierenden Leistungen anno 2005 über den Haufen geworfen wurde, waren die zahlreichen Probleme, die unter der Trennung aufgetreten waren. So gab es nur unzureichende Integrationsleistungen für Arbeitslose, was unweigerlich dazu führte, dass sie kaum aus ihrer Lage herauskamen. Des Weiteren gab es unter der Trennung immer wieder Differenzen zwischen den Trägern, weil die Arbeitslosenhilfe die Sozialhilfe für zuständig hielt und umgekehrt. Unnötig zu erwähnen, dass dies auch zu länger anhaltenden und besonders belastenden Zahlungsausfällen unmittelbar bei den Betroffenen geführt hatte.

Leben am Existenzminimum sorgt für differenten Kreditbedarf

Mit der schlussendlichen Einführung von Hartz IV sind dann zwar diese Probleme zumindest größtenteils beseitigt worden. Allerdings bedeutet dies nicht, dass Hartz-IV-Empfänger seitdem keine finanziellen Probleme mehr haben. Die Basis der finanziellen Unterstützung von Hartz-IV-Empfängern bildet der sogenannte Regelsatz, der Jahr für Jahr um ein paar Euro steigt. Wie hoch er 2017 ist, klärt die nachstehende Tabelle der Bedarfsstufen in Abhängigkeit von der Zielgruppe:

EmpfängerRegelbedarf
Alleinstehende und Alleinerziehende409 Euro
Bedarfsgemeinschaften pro volljährige Person368 Euro
Erwachsene unter 25 wohnhaft bei Eltern328 Euro
Jugendliche von 14 bis einschließlich 17311 Euro
Kinder von 6 bis einschließlich 13291 Euro
Kinder von 0-6234 Euro

Zusätzlich zu den Regelsätzen erhalten die bezugsberechtigten Personen aber noch weitere Leistungen, worin beispielsweise noch die Kosten für eine angemessene Unterkunft, das Heizen, sowie die Kranken- und Pflegeversicherung inkludiert sind. Daraus ergab sich für das Jahr 2014 durchschnittlich eine Gesamtzahlung für die unterschiedlichen Gruppen in folgender Höhe:

  • Single 751 Euro
  • Alleinerziehende mit Kind 928 Euro
  • Paare ohne Kinder 889 Euro
  • Paare mit minderjährigem Kind 1194 Euro

Es liegt somit auf der Hand, dass Hartz-IV-Empfänger trotz der wesentlich höher liegenden Zahlungen, als dies der Regelsatz suggeriert, angesichts steigender Lebenshaltungskosten monatlich nur wenige hundert Euro zum Leben haben. Kommt es zu unvorhergesehenen Ausgaben, weil Haushaltsgeräte oder das Auto kaputt gehen oder anderweitige Anschaffungen fällig werden, so stellt dies die Allermeisten vor finanzielle Probleme. An Urlaub oder höherpreisige Hobbys ist folglich gar nicht erst zu denken.

Voraussetzungen für klassischen Kredit sind nicht gegeben

Nicht zuletzt wegen der soeben erläuterten Umstände fragen sich viele Hartz-IV-Empfänger zurecht, ob und wie sie an einen Kredit kommen können. Grundsätzlich lässt sich beim Thema Kredit festhalten, dass diese nicht für Geringverdiener, Arbeitslose oder Hausfrauen geeignet sind, die über kein oder nur über ein sehr geringes Einkommen verfügen. Dies liegt mitunter darin begründet, dass sich Kreditnehmer nicht stets darüber im Klaren sind, dass es sich bei einem Darlehen nicht um geschenktes Geld handelt, sondern solches, das nicht nur monatlich und vollumfänglich in Raten zurückgezahlt werden muss, sondern auch noch die Zinsen obendrauf kommen. Um zu verstehen, warum keine seriöse Bank einem Hartz-IV-Empfänger einen Kredit geben würde, führt man sich am besten die Vergabekriterien bzw. den Prozess vor Augen, den die Bank vor der schlussendlichen Vergabe durchlaufen muss. Insbesondere fallen dabei die folgenden Punkte an:

  • Kreditnehmer muss Gehaltsnachweise zumindest der letzten drei Monate erbringen
  • Bank erkundigt sich bei der Schufa nach negativen Einträgen
  • Kreditinstitut wird sich in aller Regel sicherheitshalber die Gehaltsforderungen des Kreditnehmers gegenüber seinem Arbeitgeber abtreten lassen

Diese soeben genannten Punkte sind bei vielen Kreditinstituten Teil des absolut minimalen Standards, denn selbstredend muss diese im Vorfeld sicherstellen, das Geld samt Zinsen wieder zurückzubekommen. Wer nun einwendet, dass Hartz-IV-Empfänger gegebenenfalls ja noch andere Sicherheiten wie ein Auto oder eine eventuell vorhandene Immobilie als Sicherheit einsetzen könnten, verkennt, dass dann schon nicht die Bezugsvoraussetzungen für Hartz IV vorlägen. Gewissermaßen handelt es sich also um einen Teufelskreis.

Optional gibt es Kredite vom Jobcenter oder von Kreditbörsen

Somit ergibt sich in Anbetracht der Tatsache, dass Hartz-IV-Empfänger keinen regulären klassischen Kredit erlangen können, natürlich die Frage, wie diese stattdessen an dringend benötigtes Geld kommen können. Was viele nicht wissen ist, dass es zwei Methoden gibt, die verwandt mit dem klassischen Kredit und dazu in der Lage sind, finanzielle Engpässe zu überbrücken:

Kredit vom Jobcenter
  • Für dringende Ausgaben
  • Zinsloser Mini-Kredit
  • Rückzahlung in kleinen Raten
  • Unabweisbarer Bedarf muss vorhanden sein
Kreditbörsen
  • Z.B. für Führerschein oder Weiterbildung
  • Von privaten Personen finanziert
  • Bessere Chancen als bei der Bank

Der Kredit vom Jobcenter hört sich für jeden Betroffenen erst mal zu schön an, um wahr zu sein. Leider ist es auch nicht wirklich wahr, denn für Luxusanschaffungen wird kein Jobcenter der Welt einen Kredit gewähren. Im Gegenteil ist die positive Beantwortung einer Kreditanfrage beim Jobcenter an sehr enge Voraussetzungen geknüpft, aber wird immer öfter nachgefragt. So muss der bereits erwähnte unabweisbare Bedarf vorhanden sein, was nur selten der Fall ist:

  1. Wenn bei Abweisung eine akute Notsituation eintreten würde
  2. Dem Hartz-IV-Empfänger darf es nicht möglich sein, mit der nächsten Sozialleistung diesen Zustand auszugleichen

Etwas besser stehen die Chancen zumindest in Kreditbörsen, wo Privatpersonen mit dem Kreditsuchenden einen Kreditvertrag abschließen können. Viele der privaten Geldgeber vergeben Kredite mit niedrigeren Zinsen, als die Bank. Nichtsdestotrotz werden auch Privatleute hier vorsichtig sein und nicht ohne jede Sicherheit Kredite gewähren.

Zusätzliche Möglichkeiten an Geld zu kommen sind rar gesät

Es stellt sich die Frage, ob es noch alternative Möglichkeiten der Geldbeschaffung gibt, wenn ein Kredit ausscheidet und diese gibt es in der Tat:

  1. Kautionsbürgschaft
  2. Eltern, Verwandte und Freunde
  3. Arbeit finden

Einen ersten finanziellen Engpass kann eventuell eine Kautionsbürgschaft wieder auffangen. Es gibt Anbieter am Markt, die sich darauf spezialisiert haben, die die bei Abschluss des Mietvertrages hinterlegte Mietkaution vorzeitig zurückzuholen. An der Kautionsbürgschaft sind immer drei Parteien beteiligt. Zum einen ist dies der Bürgschaftsanbieter – beispielsweise eine Bank oder eine Versicherung – und zum anderen sind es der Mieter und der Vermieter. In dem Konstrukt leistet nun der Bürgschaftsanbieter dem Vermieter die von ihm gewünschte Sicherheit, die ursprünglich die Mietkaution war. Die zweite Möglichkeit neben der Kautionsbürgschaft besteht darin, Eltern, Verwandte oder Freunde nach Geld zu fragen. Diese Option ist jedoch auch mit Nachteilen verbunden:

  • Familiäre und persönliche Verhältnisse werden auf eine harte Probe gestellt
  • Schnelle Rückzahlung ist meistens nicht möglich
  • Obsoleszenz eines Kreditvertrages kann wie eine Schenkung aussehen (Kollision mit Hartz-IV-Berechtigung)

Die letzte und auch am nachhaltigsten ausgerichtete Möglichkeit der Geldbeschaffung besteht darin, eine Arbeit zu finden. Selbstverständlich können Hartz-IV-Empfänger auch nicht mehr benötigte Gegenstände auf dem Flohmarkt zu Geld machen, aber meistens haben diese ohnehin keinen großen Wert. Arbeit zu finden gestaltet sich jedoch auch nicht immer leicht:

  1. Prekäre Lage auf dem Arbeitsmarkt
  2. Bildung und Weiterbildung ist alles
  3. Auf eine freie Stelle kommen zu viele Bewerber
  4. Immer mehr Personen müssen mehrere Nebenjobs machen

Fazit

Egal wie man es dreht oder wendet: Die Geldbeschaffungsmöglichkeiten sind für einen Hartz-IV-Empfänger nicht gerade rosig, aber es gibt sie dennoch. Neben der nahezu ausgeschlossenen Möglichkeit eines herkömmlichen Kredits sind der Kredit vom Jobcenter und Kreditbörsen zumindest eine erste Option. Ist hier kein Weiterkommen, stehen optional die Kautionsbürgschaft oder das persönliche Umfeld zur Verfügung. Wer nachhaltig etwas tun möchte, sollte jedoch alles daran setzen, Arbeit zu finden.